Dank unserer Mittwochs-Gruppe lernt man sehr interessante Personen kennen, wie z. B. den Zdenek, der in Prag seine Kindheit verbracht hat. Schon vor zwei Jahren kamen wir auf die Idee doch mal eine Radl-Tour nach Prag zu unternehmen. Scheinbar wie guter Wein brauchen auch gute Radl-Ideen einige Zeit zu reifen, bevor man sie umsetzt. Nach einigen Planungsrunden im Vorfeld starteten wir am 2. Juni sehr früh am Morgen . Zdenek und ich radelten jeweils um 4:30 los und trafen uns in Möhrendorf. Phantastisch - jeder war pünktlich. Auch der vom Wetterochs prophezeiten Frost blieb aus und es hatte stattdessen "nur" kühle 10°C. Außer ein paar Heimkehrer vom Berg war noch nicht viel los auf den Straßen und in einer Stille radelten wir das Wiesenttal nach Ebermannstadt hinauf.
Bei Streitberg sammelte sich einiger Nebel im Tal. Weder die Streitburg noch die Burg Neideck konnten wir sehen - doch wir kannten ja die Gegend und stellten uns die "Luftschlösser" einfach vor. Die sonst so stark befahrene B470 teilten wir uns mit 3 Autos bis Tüchersfeld, wo der erste ernsthafte Anstieg nach Hohenmirsberg auf uns wartete. Über das obere Püttlachtal erreichten wir um 7 Uhr Trockau. Um Kilometer zu sparen wählte ich die kürzeste Route, was zur Folge hatte, dass wir in Trockau eine Rampe mit min. 20% zu erklimmen hatten. Grund genug in der örtlichen Bäckerei erst einmal Pause zu machen.
Nun ging es über einige Schweinebuckel in die Oberpfalz. Vorbei am rauhen Kulm steuerten wir die zweite Verpflegung in Schlammerdorf an. Die örtliche Bäckerei kannten wir noch von der Radl-Tour im Vorjahr. Über kleine Nebenstraßen erreichten wir den Steinwald und Erbendorf. Ab hier standen nur breite Haupt- und Bundesstraßen zur Verfügung, doch der Schwerlastverkehr meinte es samstags gut mit uns. Kurz vor Windischeschenbach erreichten wir die Kontinentale Tiefenbohrung - ein Loch von über 9.000 m Tiefe. Außer den Bohrturm war nicht viel zu sehen, da dass Besucherzentrum erst um 10 Uhr öffnete. In der nächsten Metzgerei holten wir uns ein Leberkäs-Semmel zur Stärkung. Die Scheiben fielen etwas dicker als normal aus, nachdem man von unseren Tagesziel Prag erfuhr. Na, ein Glück, dass die nicht wussten, dass wir schon 100 km unterwegs waren.
Immer noch über breite Straßen und nun auch stärkeren Verkehr verließen wir die Stadt. Langsam kam Rückenwind auf und der Böhmerwald kam in Sichtweite. Dank Zoigl-Tour kannte wir nun schon die ein oder andere Straße und wir erreichten die Knopfstadt Bärnau. Ein letzter Anstieg hoch zur Grenze. 50 m vor der Landesgrenze bogen wir zu Grenzlandturm ab und gönnten uns ein paar extra Höhenmeter. danach war erstmal Brotzeit angesagt. 150 km / 11 Uhr - wir lagen sehr gut in der Zeit.
Mittlerweile war es auch wärmer geworden und auch Platz in den Taschen, so dass wir uns einiger Klamotten entledigen konnten. Nun ging es hinüber nach Tschechien. Nun war Zdenek einheimisch und ich Ausländer!
Kaum über die Grenze gefahren ging es bergab durch den Böhmerwald. Dadurch, dass es bis zum Fall des eisernen Vorhangs Sperrgebiet war, ist das Gebiet kaum besiedelt und die Straßen entspreched schlecht. Der tiefe Wald war wirklich beeindruckend.
War anfangs noch die Straße im üblen Zustand besserte sich dieser nach der nächsten Abzweig. Knapp am Zentrum von Tachov vorbei ging es nun über "Hauptstraßen" weiter. Angenehm war ich überrascht über deren Zustand und Verkehrsdichte. Nicht breit ausgebaut, guter Belag und kaum Autos, die uns rücksichtsvoller überholten als in Deutschland. Die parallel verlaufende Autobahn, die wir mehrmals kreuzten schluckte den meisten Verkehr. Einfach Klasse - geniale Streckenwahl vom Zdenek! Einzig eine schier endlose leicht ansteigende Gerade trübte den Genuss - doch auch diese wurde mit starken Rückenwind ohne Probleme gemeistert.
Mit kurzen Stopp am Kloster Kladruby führte uns die Route nach Pilsen, wo schon etwas mehr Autos unterwegs waren. Über Nebenstrecken und Radlwege umfuhren wir das Zentrum so gut es ging und kamen bald aus der Stadt wieder heraus. Wichtig war für den Hintermann, dass der Vordermann die einigen wenigen Löcher anzeigte. Manche waren doch so tief, dass mehr als ein Schlauch kaputt gehen würde. Auf der gesamten Tour hatten wir keinen Defekt zu beklagen - toi, toi, toi.
Dank Rückenwinds waren wir weitaus schneller als unsere Marschtabelle, so war Pilsen nach 230 km um 14 Uhr hinter uns. Von nun an wussten wir, dass wir definitv bei Helligkeit in Prag ankommen werden. Zeit genug nun die schöne Landschaft zu genießen und nun etwas Sightseeing zu unternehmen. Angenehme Temperaturen um 22 °C und Sonnenschein machten den Rest perfekt.
Nun erreichten wir die Region, die Zdenek als Trainingsgebiet kannte. Er fürhte mich auf absolute Nebenstrecken und Schleichwegen (entlang von Bahnstrecken und kleine Fussgängerbrücken) zur Burg Karlstejn - einer der bekanntesten Burgen in Tschechien. Entlang der Touristenpfade mussten wir zwar schieben, doch dann ging es über eine herrlichen Weg das Tal hinauf zu einen kleinen See in einem ehemaligen Steinbruch.
Kurz vor Prag fuhren wir bei Zdeneks Freundin vorbei und holten unseren Rucksack mit den Gepäck für die Übernachtung ab, den wir auf den letzten 40 km kaum spürten. Auf den Weg nach Prag gibt es kaum Radwege, doch Zdenek kannte eine Route mit der wir fast ausnahmslos den Autoverkehr aus den Weg gingen.
Doch dann im Zentrum von Prag ging es nun ans Ganze: Kopfsteinpflaster - wahrscheinlich mehrere hundert Jahre alt und demensprechend grob. Paris - Roubaix Feeling kam auf. Unser Ziel hieß die Prager Burg auf den Berg Hradschin.
Dann um 20:15 hatten wir unser Ziel erreicht.
Nun zeigte mit Zdenek noch kurz Prag im Schnelldurchlauf: Karlsbrücke, Wenzelplatz, Rathaus
Dann als wir um 21 Uhr im Hotel ankamen. Entdeckten wir, dass unsere Rad-Tour schon längst touristisch vermarktet wird.
One-Day bicycle Tours nach Prag. Am besten finde ich den Slogan "Finally in Prague". Auch mein Körper war nach 375 km froh endlich sich ausruhen zu dürfen. Noch ein deftiges Essen im Hotel mit leckeren tschechischen Bier rundeten den geschenkten Tag ab.
Am nächsten Tag zeigte mit Zdenek noch die Plätze seiner Jugend und viele Ecken und Wege in Prag, die noch von den Touristenströmen unerschlossen sind. Am Nachmittag holte uns seine Freundin ab und wir fuhren gemeinsam wieder zurück nach Erlangen.
Zdenek: Tausend DANK für das unvergessliche Wochenende
Mal sehen, vielleicht unternehmen wir nächstes Jahr wieder eine solche Tour (vielleicht mit Übernachtung und kürzerer Etappenlänge)
Ciao
Roland
Eckdaten der Tour laut Tacho:
Strecke: 375 km / 3930 hm / Zeit 17 h brutto, wobei Fahrzeit (inkl Sightseeing) 14:40 ==> Schnitt 22,1 bzw. 25,1 km/h
Berge: 3930 hm
Hier unsere gefahrene Route:
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