Letztes Jahr (2023) bin ich mit meiner Tochter von Verona nach Roma geradelt. Zum Jahreswechsel fragte mich meine Tochter, ob wir wieder eine Tour unternehmen wollen. Und ob 😃😃😃 nix lieber als das. Wohin? Ganze einfach, wir führten unsere letztjährige Tour von Verona nach Rom einfach in Richtung Süden fort.
Übersicht
Prolog: Von Bozen zum Montiggler See
1.Etappe: Roma - Nettuno -Sabaudia
2.Etappe: Sabaudi - Terracina - Sperlonga - Gaeta
5.Etappe: Pompei - Salerno - Paestum
7.Etappe: Potenza - Castelmezzano
8.Etappe: Engelsflug / Castelmezzano - Tricarico
10.Etappe: Ruhetag in Matera / Rundtour um Matera
11.Etappe: Matera - Alberobello - Martina Franca
12.Etappe: Martina Franca - Gallipoli
13.Etappe: Gallipoli - Capo d'Otranto - Lecce
Prolog Bozen - Montiggler See am 27.04.2024 (42km / 500m)
So toll, wie die Idee einfach von Roma in Richtung Süden fortzusetzten, so zeitraubend ist es nach Roma zu kommen (wenn man den Klimaschutz persönlich ernst nimmt und den Zug nimmt, anstatt den Flieger oder einfach auf die Chinesen verweist oder gar den Klimawandel abstreitet). Zwar gibt es zahlreiche Zug-Verbindungen nach Roma, doch im Schnellzug (Frecciarossa als auch im Italo) wird die Fahrradmitnahme nicht offiziell angeboten. Nichts schlimmeres, als wenn man gleich an der ersten Verbindung strandet, weil einem der Schaffner die Mitfahrt verweigert. Als einigermaßen sichere Verbindung suchen wir uns den Nachtzug von Bozen nach Roma aus. Dieser fährt um 21:30 ab und kommt um 6:00 in Roma an. Der nimmt zwar offiziell auch keine Räder mit, aber wir sind zuversichtich die Räder als Gepäckstück mit ins Abteil nehmen zu können.
Ganz gemütlich suche ich mir eine Verbindung nach Bozen, wo ich planmäßig um 15:30 ankomme und mich meine Tochter schon erwartet.
Wir haben etliche Stunden Aufenthalt und entschließen uns eine kurze Runde zum Montiggler See zu unternehmen. Erst auf eine ehemalige Bahntrasse, die nach Kaltern führt und dann über Nebenwegen zurück nach Bozen.
Im Nachtzug können wir die verpackten Räder mit ins Abteil nehmen. Ohne Verpackung hat uns der Schaffner das Einladen verweigert. Für 30 EUR Aufpreis haben wir uns zwei Einzel-Abteile gegönnt und haben dadurch genügend Platz.
Route:
1. Etappe: Roma - Nettuno - Sabaudia am 28.04.2024 (148 km / 1290 m)
Ruhig und ohne Probleme werden wir nach Roma geschaukelt. Dann montieren wir die Räder wieder und schießen dann das obligatorische Bild am Bahnhof Roma Termini.
Um sieben Uhr kommen wir los. Obwohl es Sonntag Morgen ist, sind schon unzählige Leute am Trevi-Brunnen. Anschließend radeln wir zur Engelsburg und weiter zum Petersplatz.
Nach den Selfie am Petersplatz kann nun die Tour offiziell fortgeführt werden.
Es ist Sonntag Morgen und auf den Straßen ist entsprechend wenig los. So fahren wir ganz entspannt am Ufer vom Tiber zur Isola Tiberina, auch Isola Nave genannt. Hier verlassen wir den Fluss um kommen zum Circus Maximus und schließlich zum Stadttor Porta Ardeatina. Nun haben wir die Altstadt vom Roma endgültig verlassen.
Über Nebenstrecken geht es immer in Richtung Süden bis wir bei Nettuno auf das Meer stoßen. Wir folgen der Küstenstraße. Treffen einen netten mexikanischen Studenten, der uns folgendes Foto schießt und erreichen rechtzeitig unser Agriturismo zum gebuchten Mittagessen.
Kurz duschen und frisch machen, dann gibt es ein üppiges MIttagessen in 4-5 Gängen. Anschließend sind wir von der durchgeschaukelten Nacht oder vom Essen so müde, dass wir eine Pause brauchen. Abends unternehmen wir noch eine kurze Radl-Tour ans Meer zum Eisesessen. Ein erster perfekter Tag in Bella Italia neigt sich zu Ende.
2. Etappe: Sabaudia - Gaeta am 29.04.2024
(92km / 620m)
Am zweiten Tag folgen wir weiterhin der Küstestraße und sehen uns im Städtchen Terracina einige Geschlechtertürme und römische Hinterlassenschaften an.
Auf den Weg sehen wir eine Calla im Straßengraben blühen. Bei uns gibt es die nur in Blumengeschäften und hier wächst es einfach wild. Krass.
In Sperlonga verlassen wir die Küste. Bisher konnten wir weitgehend auf Nebenstrecken den Verkehr entkommen, doch nun wir die Küste steiler und es gibt nur noch eine vielbefahrene Straße. So weichen wir ins Landesinnere auf und erklimmen die ersten ernsthaften Hügel dieser Tour.
Quasi durch die Hintertür erreichen wir unseren heutigen Etappenort Gaeta, dessen Hafen ein NATO-Stützpunkt ist. Außer einem Versorgungsschiff liegen jedoch keine Kriegsschiffe im Hafen. Unser Hotel ist in Strandnähe, so dass wir uns gleich ein Bad am Meer genehmigen.
Am späten Nachmittag brechen wir zur Wanderung in die Altstadt auf. Erst geht es zu einem Kloster und dann über den Hüge Monte Orlando, der ehemals als Zittadelle genutzt wurde. Zahlreiche verlassene Schanzen und Tunnel zeugen davon. Vom Mt. Orlando ist der Blick auf die Altstadt sehenswert.
Wir steigen hinab in die Altstadt und kommen an einer Kirche mit Blick über die Bucht vorbei.
Nach der Wanderung kehren wir noch in ein Fisch-Restaurant ein, wo wir den Tag ausklingen lassen.
3. Etappe: Gaeta - Caserta am 30.04.2024
(96km / 440m)
Wir folgen der Via Appia weiter in Richtung Süden. Wie der Name schon sagt, besteht sie schon seit den Römischen Reich und die Trasse ist kerzengerade. Merkt Euch den Namen, der wird in der 10.Etappe noch einmal erwähnt werden. Weil die Via Appia stark befahren ist, verlassen wir sie sobald wie möglich und weichen auf Nebenstrecken aus.
Vorbei geht es an einem römischen Aquädukt bei Minturno.
Dann kommt das obligatorische Bad in der Schafherde. Diesmal auf eine Brücke. Mit der Überquerung vom Fluss verlassen wir die Region Latium und sind nun Kampanien.
Das schöne an Italien ist, dass man unerwartet durch kleine malerische Städtchen wie Capua kommt, die sehenswerte Winkel haben.
Unser heutiges Etappenziel ist Caserta mit den gleichnamigen Schloss. Bei der Planung habe ich nicht auf die Öffnungszeiten geachtet. Ach du Schreck, dienstags ist das Schloss geschlossen. Als ich das bemerke, ist alles schon gebucht. Der Aufwand es zu ändern ist riesig. Doch dann entdecke ich auf der Ticket-Seite, dass für den 30. April Eintrittskarten verkauft werden. Scheinbar wegen den Feiertags am 1. Mai gibt es genau für diesen Dienstag eine Ausnahme. Warum soll man nicht mal unverhofft Glück haben😀.
Der Palast hat über 1200 Zimmer und ist das drittgrößte Schloss von Europa. Doch mal ganz erhlich, wer braucht wirklich so viel Zimmer?
Das schöne an kurzen Etappen wie heute ist, dass man am frühen Nachmittag ankommt und dann noch Zeit hat etwas anzuschauen. So besichtigten wir zunächst das Schloss ....
... und anschließend das weitläufige Parkgelände. Da wir keine Lust haben zu Laufen, nehmen wir unsere Räder, was sich an Hand der Ausmaße als sinnvoll erweisen sollte.
Quer durch den Park führt eine Sichtachse von 3km Länge von der Quelle eines künstlichen Flusses bis zum Schloss.
Der Fluss ist durch zahlreiche Wasserspiel unterbrochen, wie hier vom Delphin-Brunnen.
oder den Diana- und Aktaion-Brunnen, wo das Wasser aus einen künstlichen Kanal über zahlreiche Kaskaden in den Park eingeleitet wird.
Wer die Tour nachfahren will, den können wir das Apartment "A Casa del Ferdy" empfehlen. Da hat wirklich nix gefehlt und in "due passi", d.h. in einem Katzensprung entfernt liegt der Palast.
4. Etappe: Caserta - Pompei am 01.05.2024
(59km / 440m)
Rund um Caserta / Neapel ist immer starker Verkehr. So habe ich Nebenstrecken ausgewählt, doch die haben manchmal echte Überraschungen parat. Diesmal verwandelte sich die kleine Nebenstraße zunächst in ein schmales Asphaltband und dann in einen Feldweg, der nach Regenfällen eher einer Poollandschaft glich. Mit etwas fahrlichen Geschick schaftten wir beide es mit trockenen Füße und ohne Defekt das kurze Stück zu überwinden.
Im Nachhinein war es Blödsinn die Nebenstrecke zu nehmen, da heute 1.Mai und damit Feiertag ist, wo morgens kaum ein Auto rollt. 🙄
Ein Highlight sollte heute die Auffahrt zum Kraterrand vom Vesuv sein. Einmal in den Krater-Schlund blicken. Doch das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung.
Zahlreiche, kurze aber heftige Regenschauer (sogenannte Kittelwäscher) vermiesen uns die Auffahrt. Auf knapp 1300m Höhe im Regenschauer zu stehen? Darauf können wir gern verzichten. Stattdessen flüchten wir beim ersten Schauer in eine Bar. Ohne Worte zu wechseln, werden uns gleich zwei Espressi hingestellt. Hmm. ich trinke gar keinen Kaffee, so hat meine Tochter gleich den doppelten Genuss. Ich verwöhne mich stattdessen mit einigen Süßen, die es zu Hauf in dieser Bar gibt.
Nachdem der Regen nachgelassen hat, geht es weiter. Leider haben wir beim nächsten Schauer weniger Glück. Wir finden nur eine Bushaltestelle und keine Bar. Doch nach 10 Minuten ist auch dieser Schauer durch.
Entlang vom Golf von Neapel geht es nach Pompei. Inzwischen sind die Leute aufgewacht und der Verkehr unerträglich. Die Straßen sind oft mit Basaltpflaster-Steinen belegt, die einen fast vom Rennrad schütteln. Auto an Auto. Moto's und Scooter überholen, wo sich eine Lücke auftut (hin & wieder auch wir - man soll sich ja den Landesgewohnheiten anpassen). Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht verlieren. Da hat man keine Zeit mehr, um noch Fotos zu schießen.
In Pompei checken wir in unsere Unterkunft ein und besuchen dann die weltbekannte Ausgrabungsstätte. Am Nebeneingang hält sich die Warteschlange in Grenzen und bald sind wir im weitläufigen Gelände. Bei etliche Gebäude wurden die Dächer rekonstruiert, doch die Mauern sind original.
So streifen wir ohne Führung durch die Gassen. Die erhaltenen Mosaike bzw. Wandbilder geben den Gebäuden ihren heutigen Namen wie z.B. Haus des Hundes.
Natürlich schauen wir uns auch die Gipsabdrücke der vestorbenen Menschen an. Unglaublich wie detailliert die Asche die Toten konverviert hat. Man kann ja förmlich die Sandalen noch erkennen.
Wir sind spät dran und verlassen das Gelände kurz vor Betriebschluss, so sind um diese Zeit kaum noch Besucher im Park und wir können das angeschlossene Museum ohne Besuchergruppen besichtigen. Wir verlassen das Gelände durch den Hauptausgang und durchqueren dabei großen Stauzonen für die Besuchergruppen, die im Sommer bestimmt einige Stunden Wartezeit haben (natürlich fängt die Stauzone erst nach der Kasse an ...).
5. Etappe: Pompei - Salerno - Paestum am 02.05.2024 (84km / 640m)
Leider haben wir keine Zeit, um über die Amalfi-Küste zu radeln (Begründung siehe Etappe 8). So bleibt uns einzig ein Blick über die verregnete Traum-Küsten-Straße, bevor wir nach Salerno abfahren.
Auf der Abfahrt bremsen uns ein paar Kühe aus. So etwas kenne ich eigenltich nur aus den Bergen und nicht in Stadtnähe.
Im Süden sind uns zahlreiche Fisch-Geschäfte aufgefallen, die ihre Krustentiere in Plastik-Schalen zum Verkauf anbieten.
Direkt am Strand entlang geht es vom Golf von Salerno bis nach Paestum, wo zwei gut erhaltene griechische Tempel stehen. Hier im Bild der Poseidon-Tempel zu erkennen.
Wer ein aufmerksamer Leser meines Blogs ist, der hat bestimmt bemerkt, dass ich schon einmal im Park war. Im Jahr 2014 sind wir im Zuge der Fahrt Italia Nord-Sud kurz hier stehengeblieben (ebenso am Pálazzo Reale in Caserta, aber da habe ich nur verregnete Bilder).
Uns reicht der Blick über den Zaun und so sparen wir Zeit für eine Besichtigung. Stattdessen radeln wir zur nahen Unterkunft. Den letzten Kilometer sprinten wir, denn erste, wirklich dicke Tropfen fallen und der Himmel kündigt noch mehr an. Just in Time fahren wir in den Hof der Unterkunft und kaum sind wir im Trockenen fängt es wie aus Kübeln an zu schütten. Für heute war eigenltich ein Nachmittag am Strand geplant. Stattdessen chillen wir notgedrungen im Zimmer und warten, dass das Unwetter vorbei zieht. Zum Glück können wir hier unsere Sachen in einer Maschine waschen, was mehr als angenehm ist. Die Gastfreundlichkeit der Inhaber vom B&B "a casa di Chiara" können wir echt weiterempfehlen.
Am Abend hat sich der Regen verzogen und wir gehen zum Strand. Nur zum Sightseeing - es ist nun einfach zu kühl zum Baden. Wäre schon toll hier gewesen ins Meer zu springen.
Im Mai ist noch Vorsaison und fast alles ist noch geschlossen. Wir haben Mühe eine Lokalität zu finden, dann bekommen wir den Tipp, dass auf den Camping-Platz eine Pizzeria ist.
Zusammen bestellen wir eine Magherita als Vorspeise (war kein Bild wert), aber dann kommen Spaghetti alla Vongole und eine Seebrasse auf den Tisch. Herrlich eine einfache, ehrliche Küche betrieben von Einheimischen. Selten so gut und preiswert gegessen wir hier.
6. Etappe: Paestum - Potenza am 03.05.2024 (117km / 2385m)
Heute steht die Königsetappe dieser Tour an. Bei der Planung konnte man es drehen oder wenden, aber es wurden nie weniger als 110 km und 2300 hm. Wenigstens unterstützte uns heute der Rückenwind. Auch das Wetter war zunächst trocken und sonnig und so kommen wir nach 30 km Flachpassage in das hüglige fast schon bergige Hinterland. Zahlreiche Windräder stehen an den Hängen. Verglichen mit den aktuellen in Deutschland sind diese winzig. Dürfte die Gondelhöhe bei nur 40 bis 50 m Höhe liegen.
Wir kommen an Artischocken-Felder vorbei ...
... und einen schlafenden Straßenhund, der sich versucht auf weißen Stopp-Streifen der Straße zu tarnen.
Das Wetter verschlechtert sich und es wird kühler. Dann zieht wieder ein Schauer durch. Wieder haben wir Glück und finden direkt eine Bar, wo wir uns unterstellen können. Dann geht es weiter über die lukanischen Hügel. Die grünen Wiesen, der steinerne Turm und das graue Wetter tragen dazu bei, dass wir meinen eher in Schottland als in Süditalien zu sein.
Trocken kommen wir dann bis nach Potenza. Auch für einen kurzen Stadtrundgang reicht es noch aus. Maxi's Freundln kommt aus dieser Region und fragte uns, warum wir in diese potthässlichen Stadt wollen.Na ja, ganz so schlimm ist sie nicht. Die Altstadt liegt auf einen Plateau und mit Rolltreppen / Aufzügen kann man sie bequem erreichen. Eine große Fussgängerzone und einige historische Gebäude runden das Stadtbild ab. Nett zum Anschauen, aber extra herfahren würden wir nicht noch einmal.
Als wir dann zum Abendessen aufbrechen wollen, kommt eine richtige Wolkenwand und es schüttet wieder wie aus Eimern. Wir retten uns in die nächste Pizzeria, um nicht komplett durchnässt zu werden.
Am nächsten Morgen sieht bei Sonnenschein die Region-Hauptstadt von Basilicata gleich viel freundlicher aus.
7. Etappe: Potenza - Castelmezzano am 04.05.2024 (59km / 1285m)
Nun geht es endgültig in die lukanischen Dolomiten. Hinauf geht es zum Dach dieser Tour: Passo Croce dello Scrivano auf 1143m Höhe. Auf den Aufstieg sehen wir ein Stacheltier im Straßengraben. Auf der Straße sind unzählige Stacheln verteilt. Wahrscheinlich ist es angefahren worden. Schade, dass wir den Tier nicht helfen konnten.
Auf den weiteren Weg kommt uns eine Kuhherde entgegen. Hier hat die Moderne eingesetzt. Die Hirten wandern nicht mehr mit, sondern sitzen im Auto bzw. einer hockt auf der Motorhaube und treibt die Tiere an.
War der vorherige Anstieg zwar höher, so ist der zweite (und letzte) wesentlich steiler. Zwar hat die Straßen einige Serpentinen, aber die Steigungsprozente liegen meist im zweistelligen Bereich. Maximal messen wir 15%. Uns steckt noch die lange Tour von gestern in den Beinen und entsprechend zäh geht die guten 6 km bergauf. Ich unterstütze meine Tochter so gut es geht und gemeinsam schaffen wir es ohne aus den Pedalen zu kippen nach oben.
Kaum in der Abfahrt sind die Strapazen vergessen. Wir kommen ins Bilderbuch-Bergdorf Castelmezzano, wo wir eine Unterkunft gebucht haben.
Nach kurzen Einkauf bei einem fliegenden Obst- & Gemüse Händler kommt eine kurze Mittagspause, bevor wir zu einer Wanderung hoch zu den Felsen aufbrechen.
Auf den Weg dahin fällt uns folgender Wurz auf den Felsen auf.
8. Etappe: Castelmezzano - Tricarico am 05.05.2024 (66km / 1445m)
Castelmezzano ist ein Mekka vom Outdoor-Tourismus in den lukanischen Alpen. Es gibt einen Klettersteig quer über die Felsen von Castelmezzao. Zahlreiche Wanderwege führen durch die Landschaft und über eine Hängebrücke zum benachbarten Pietraposta auf der anderen Talseite. Doch die eigenltiche Attraktion beider Dörfer ist der Engelsflug (Volo dell'Angelo). Über die Schlucht, die zwischen den beiden Dörfern liegt wurden zwei Drahtseile gespannt. So kann man man wie ein Engel von Ort zu Ort fliegen.
In der Vorsaison ist der Engelsflug nur am Sonntag geöffnet. Daher haben wir unsere Tour so geplant, dass wir am Sonntag Morgen den Flug nutzen können. Räder und Gepäck konnten wir noch sicher in der Unterkunft lassen.
Von Castelmezzano "fliegt" man förmlich ab. Unmittelbar nach den Start ist man nach den Felsen hoch über den Boden. Die Länge von 1452m und maximale Geschwindigkeit von 120 km/h pumpt einen das Adrenalin im Körper.
Je nach Körpergewicht wird ein kleines oder größeres Segel eingespannt. Die Arme soll man immer am Körper lassen, damit der Windwiderstand einigermaßen kalkulierbar ist. Das Seil verläuft in einen Bogen, d.h. erst geht es rasant nach unten bevor man nach den Scheitelpunkt wieder aufwärts fährt und Geschwindkeit verliert. Blöd wäre es, wenn man zu wenig Geschwindigkeit hat und auf den Autfstieg verhungert und man schließlich rückwärts zurückrollen würde. So lassen wir unsere Händchen lieber am Körper und genießen die Fahrt. Tatsächlich fühlt es sich an wie Drachen fliegen.
Hier der Abflug meiner Tochter.
Nach meiner Tochter "fliege" ich hinterher. Wir hätten auch zu zweit nebeneinander fliegen können. Doch so konnten wir schönere Bilder von uns machen.
Auf der Gegenseite sammelte sich die Gruppe und mit einem Shuttle wird man zur anderen Abflugstation gebracht. Nun bin ich erster und kann die Ankunft filmen. Mit Karacho kommt man nach 1425m und max. 110 km/h an. Die Laufkatze schnappt sich das Gummiseil und man wird mehr oder weniger abrupt gebremst. Ich möchte mir nicht vorstellen, wenn man zuviel Geschwindigkeit ankommt. Das könnte durchaus in einem Schleudertrauma enden. Daher auch der Helm.
In Summe war der Engelsflug das HIGHLIGHT dieser Tour. Wir stellen uns vor, dass sich so Drachenfliegen anfühlen muss. Nur ist es hier sicherer. Der Spaß hat je Person 30 EUR im Vorverkauf gekostet, was ich als preiswert empfunden habe.
Ratet mal, welche Hausnummer diese Wohnung haben könnte!
Ein letzter Blick auf Castelmezzano bevor wir aufbrechen, damit die morgige Etappe etwas kürzer und weniger anspruchsvoll wird.
Wir fahren das Steilstück wieder ab, queren die Schnellstraße (für Räder gesperrt) und müssen daher auf der anderen Talseite wieder den Berg erklimmen. Die 7km und über 400m wollen sich erfahren lassen. Doch dafür werden wir mit herrlicher Landschaft belohnt.
Ja, in Italien gibt es die Mafia. Doch mehr und mehr Leute wollen sich das nicht mehr gefallen lassen und gedenken an die unschuldigen Opfer der Kriminellen, wie Francesco Tammone, der im Alter von 26 Jahren ermordet wurde. Hier seine Geschichte.
Beim Pass Tre Cancelli (drei Gattern) gibt es immer noch den Brunnen, an dem wir im Jahr 2018 gehalten haben, als wir auf der Fahrt von Bari nach Palermo waren. Nun geht es nur noch bergbab bis zu unseren Etappenziel Tricarico, wo wir heute in einem Palast ein Zimmer gebucht haben. Die Vermieterin ist ultra-freundlich und irgendwie merkt man dennoch, dass sie einen gewissen Stil hat, der auf Klasse hinweist. Der ganze Palast ist eine Wucht. Selbst an den Betten merken wir, dass es Upper-Class ist. Das Frühstück am nächsten Morgen ist genial. Zubereitet von der Haushälterin mit selbstgemachten Kuchen, Marmelade und selbst der Käse ist nicht irgendein Käse, sondern eine regionale Spezialität von Kühen, die hier oben bei den drei Gattern im Wald weiden.
Hier die Webseite vom Palazzo Laureano für weitere Infos: https://www.palazzolaureano.it/
Bis nach Tricarico waren es nur 35km. Nun könnte man im Palast sich einfach mal ausruhen oder noch eine Runde drehen. Ausruhen können wir uns auch daheim. Eine Runde drehen nicht. Also schwingen wir uns nochmal - diesmal ohne Gepäck - auf den Drahtesel und genießen die wunderschöne Landschaft mit geschwungenen Wiesen unter blau - weißen Himmel.
Man könnte fast meinen, dass man durch den Windows-Hintergrund radelt.
Zur Abwechslung geht es dann durch eine kerzengerade Pinien-Allee.
Bevor wir wieder zum Palast zurückkommen und dann einen Spaziergang durch die Stadt machen, Hier der großen Platz vor dem Dom ...
... sowie zahlreiche malerische Gassen.
9. Etappe: Tricarico - Matera am 06.05.2024 (86km / 680m)
Nach den fürstlichen Frühstück geht es hinab und dann über ein paar Hügel in das Bradano-Tal. Die Straßen haben wir quasi für uns allein. Nur ab und zu kommt ein Auto oder Laster. Die Wiesen sind noch grün, aber das erste Korn ist schon gedroschen worden.
Malersich schmiegen sich die Hügel an den fruchtbaren Talboden. In den Kornfeldern blüht der Klatschmohn. Mit so einer Landschaft verfliegen die km rasant und man könnte ewig so weiter fahren.
Durch die abgernteten Kornfeldern zieht eine ZIegenherde ...
... und der Fenchel steht mannhoch am Wegesrand. Das einzige Manko an dieser Tal-Strecke ist, dass wir durch keinerlei Ortschaft kommen, denn diese liegen immer am Bergkamm (wohl um besser geschützt zu sein). Dadurch wird uns das Wasser knapp, denn wir haben jeweils nur eine Flasche dabei.
Quasi mit den letzten Tropfen schaffen wir es nach Matera. Die Stadt liegt, nun ja wie alle Ortschaften hier, auf den Berg. Der Anstieg entpuppte sich als etwas anstregend, da wir doch etwas dehydriert waren.
Die Suche unserer Ferienwohnung gestaltet sich als etwas schwierig, da die Gassen doch recht unübersichtlich und verwinkelt sind. Dann sind wir in einem traditionellen Gebäude, Sassi genannt, das herrlich renoviert ist. Matera ist Weltkulutrerbe und den Nachmittag verbringen wir mit Sightseeing.
10. Etappe: Matera und Rundtour um Matera am 07.05.2024 (73km / 1200m)
Matera's Highlight sind die alten Häuser, Sassi genannt. So wunderschön, malerisch wie sie heute sind, so dramatisch waren bis nach dem 2.Weltkrieg die Lebenszustände in dieser Stadt. Es war die "Schande Italiens", wie sie im Buch "Christus kam nur bis Eboli" beschrieben ist. Erst 1952 wurden die Einwohner umgesiedelt. Die Studienfreundin von meiner Tochter kommt aus Matera. Ihre Oma hat noch in den Sassi gelebt.
Wer sich mehr dafür interessiert, den empfehle ich den 15-minütigen Podcast auf der ARD http://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=25540&tbl=pf
Für zahlreiche Filme diente diese Stadt schon als Kullisse.
Matera hatte ich bereits im Jahr 2018 besucht, doch diesmal habe ich mir mehr Zeit dafür eingeräumt. So besichtigten wir ein altes Sassi, in den einst eine ganze Familie samt Tieren gewohnt hat. Im Bett schliefen Vater und Mutter, sowie die jüngsten Kinder. Die älteren (6 .. 10 Kinder waren keine Seltenheit) schliefen teilweise in auszogenen Schubladen, Stühlen oder auf den Boden. Heutzutage unvollstellbar.!
Interessant ist, dass diese Stadt schon seit über 8000 Jahren besiedelt ist. Sie hat sich mehr als einmal neu erfunden.
Gerade bei Nach bietet die Unterstadt mit den Sassi einen eindrucksvollen Blick.
Dank der Studienfreundin haben wir exzellente Restaurant - Empfehlungen. Zahlreiche Touristen besuchen die Stadt und dementsprechend viele Touri-Labe-Stationen gibt es, wo man für viel Geld wenig Leistung beziehen kann.
So gibt es am Nachmittag Eis im Brioche und frische Erdbeeren mit Vanille-Eis.
Zur Vorspeise essen wir gezupftes Matera-Brot mit frischen Tomaten, Mozzarella und xxx.
Hauptspeise sind Linsen in drei Farben und zum Abschluss gibt es als Dolce ein Tiramisu.
Halt.Stopp. Vor den Sightseeing am Nachmittag gab es morgens noch eine Radl-Runde ohne Gepäck. Zunächst ging es zu den Steinbrüchen von Matera. Kerzengerade wurden die Steine aus den Fels geschnitten.
Und hier noch die SS7, auch Via Appia genannt. Genau die Via Appia, die von Rom kommt und hier den 588. Kilometer anzeigt. In Deutschland kenne ich keine Landstraße mit so hohen km-Marken.
Etwas südlich von Matera liegt ein Knauf-Werk (!!!) und ein Stück weiter das Weltraum-Observartorium Centro di geodesia spaziale Giuseppe Colombo.
Schön, wenn man die Ortschaften auf der Marschtabelle schon von weitem sieht, wie hier Montescaglioso. Seinen Mut sollte man aber nicht verlieren, wenn man sieht, dass zwischen den eigenen aktuellen Standort und Ortschaft einige Hügel mit entsprechenden Anstiegen und Abfahrten sind. Als Kür kam dann noch eine Umleitung dazu, weil es eine Brücke weggespült hat.
Auf den Weg zurück nach Matera
11. Etappe: Matera - Alberobello - Martina Franca am 08.05.2024 (103km / 960m)
Kurz nach Matera verlassen wir die Region Basilicata und kommen nun nach Puglia / Apulien. Das Terrain wird ebener, die Hügel flacher, dafür nehmen die landwirtschaftlich genutzten Flächen zu. Bald bekommen wir die ersten geschichteten Steinhütten, sogenannte Trulli, zu Gesicht. Hier und da stehen sie einfach mitten in Feldern.
Teilweise sind sie vom Verfall bedroht, aber sehr viele Hütten sind renoviert
Eine Vielzahl von Steinhäusern stehen in Alberobello (zu deutsch "Schöner Baum"). Ganze Straßenzüge, nein ein ganzes Viertel besteht nur aus Trullis. Schön anzuschauen. Das finden nicht nur wir, sondern auch zahlreiche andere Touristen. Ganze Busladungen und Reisegruppen durchströmen die Gassen. Die Steinhütten beherbergen Geschäfte für alles was so die Touris nachfragen: "Restaurants, Snacks, Souvenir-Shops und Geschäfte mit Kunsthandwerk und sonstigen Nippes". Uns gefiel das ganze Touris-Leben nicht wirklich, aber immerin sind wir selbst welche und haben uns auch unter die Menge gemischt.
Zum Mittagessen haben wir uns leider in Alberobello entschieden. Schlechteres Essen zu erhöhten Preisen, besser wäre es gewesen in idyllischen Martina Franca zu speisen, doch leider wäre es zeitlich knapp geworden. Abends hatten wir uns in einen Trulli als Unterkunft gemietet (ohne Wirtshaus in der Nähe - daher Mittagessen). Die Nacht im Trulli war durchaus interessant mit extrem hoher Zimmerdecke und kleinen Fenstern. Die Erfahrung möchte ich nicht missen.
12. Etappe: Martina Franca - Gallipoli am 09.05.2024 (104km / 250m)
Die heutige Etappe ist zweigeteilt. Die erste Hälfte führt wieder durch Felder und die zweite immer an der Küste vom Golf von Tarent entlang. Erwähnendswerte Erhebungen sind nicht zu bewältigen. Unser Tagesziel ist die Altstadt von Gallipoli, welche auf einer vorgelagerten Insel beheimatet ist. Wie im Orient durchzieht ein Gassengewirr die Altstadt. Gar nicht so einfach hier die Unterkunft zu finden.
Vorgelagert ist der Leuchturm St. Andrea.
Als wir am Hafen entlangspazieren, landen die Fischkutter mit ihren Fang an. So ist uns klar, dass wir heute Abend Fisch essen wollen.
Es ist unser letztes Abendessen in Italien und so gönnen wir uns etwas mehr aus den Meer. Gegrillten Octoupus, Schwertfisch, Riesengarnelen und Spaghetti al Vongole. Einfach köstlich und jederzeit wieder.
13. Etappe: Gallipoli - Capo d'Otranto - Lecce am 10.05.2024 (110km / 615m)
Eine letzte Runde um die Altstadt von Gallipoli. Am Hafen wird mit Hand noch das Fischernetz gestopft und dann geht es direkt nach Osten.
Die Südspitze vom Stiefelabsatz lassen wir aus. Stattdessen erschrecken wir uns an den abgestorbenen Olivenbäumen. Ein Pilz rafft sogar uralte Bäume dahin, so dass nur noch Gerüste übrig bleiben.
Hektarweise sind ganze Oliven-Haine gerodet worden. Hoffen wir, dass die nachgepfanzten Oliven-Bäume resistenzer sind.
Dann kommt wieder das Meer in Sichtweite. Nun sind wir an der Ostküste, sprich an der Adria.
Hier ist der östlichste Punkt von Ilalien: das Cap d'Otranto. Eine Radarstation steht an der Klippe. Weiter unten gibt es einen Leuchturm, der aber nur zu Fuss erreichbar ist. Wir haben unser Tour-Ziel erreicht. Ab jetzt geht es in Richtung Heimat.
In der Nähe ist ein geologisches Einod. Ein Baggerloch in eisenhalter Erde. Das Wasser tiefblau und rote Erde. Man könnte meinen, dass jemand mit Farbeimer die Landschaft gestaltet hat.
Unser wirklich letztes Essen in Apulien: Spaghetti di Seppia. Pasta mit Gambretti und zum Abschluss Fritto Frutti di Mare. Es wird dauern bis ich wieder in Genuss von italienischen Fischgerichten kommen werde...
Abschlussbild in Otranto bevor es noch 35km zurück nach Lecce geht. Ebenfalls eine sehenswerte Stadt.
Wir kaufen uns noch etwas Proviant für die Rückreise und dann geht es zum Bahnhof. Offiziell nimmt der Zug wieder keine Räder mit, so dass wir diese verpacken müssen. Inzwischen habe ich Übung und schaffe beide Räder möglichst kompakt zu zerlegen.
So passen beider Räder problemlos in unser Abteil. Müde und zufrieden schlafen wir auf den Pritschen im DeLuxe - Waggon. Um 5 Uhr heißt es aufstehen, da wir schon in Bologna austeigen. Der Zug fährt weiter bis nach Mailand bzw. ein anderer bis Turin.
Hier noch ein Bild von zerlegten Rad am Bahnsteig in Bologna. Meine Tipps:
- Schaltung jeweils in äußerst linke Position.
- Das linke Pedal und HInterrad so platzieren, dass das Kettenblatt nicht auf den Boden steht.
- Das Hinterrad schützt das Schaltwerk.
- Das Vorderrad so zwischen Lenker und Kettenblatt einfädeln und mit Klebeband fixiieren, dass sich der Lenker nicht mehr dreht.
Nun kann man das ganze Paket einfach am Sattel udn Lenker hochheben und durch die Gegend tragen.
In Bologna haben wir mehrere Stunden Aufenthalt. Mehr Zeit als genug für ein ausgiebiges Frühstück und Stadtrundfahrt. Inzwischen kennen wir einige gute Ecken. Mit den Zug ging es dann problemlos nach Hause. Im Jahr 2024 fährt noch der EC mit riesigen Radabteil. Leider wird der EC duch den Rail-Jet ersetzt, der sage und schreibe noch 6 Radstellplätze hat. Was will man dazu sagen? In der Vergangenheit war auch die Zukunft besser!
Ciao
Roland
Tourdaten
Etappenübersicht:
Datum | Tag | Etappe | Distanz | Dislivello |
27.04.24 | Samstag | Bozen Abfahrt 21:30 | 42 km | 500 hm |
28.04.24 | Sonntag | Roma – Nettuno – Sabaudia | 148 km | 1.290 hm |
29.04.24 | Montag | Sabaudia – Gaeta | 92 km | 620 hm |
30.04.24 | Dienstag | Gaeta – Caserta | 96 km | 440 hm |
01.05.24 | Mittwoch | Caserta – Pompeji (direkt) | 59 km | 440 hm |
02.05.24 | Donnerstag | Pompeji – Paestum | 84 km | 640 hm |
03.05.24 | Freitag | Paestum – Potenza (via Caggiano) | 117 km | 2.385 hm |
04.05.24 | Samstag | Potenza – Castelmezzo | 59 km | 1.285 hm |
05.05.24 | Sonntag | Castelmezzo – Tricarico | 66 km | 1.445 hm |
06.05.24 | Montag | Tricarico – Matera | 86 km | 680 hm |
07.05.24 | Dienstag | Matera | 73 km | 1.200 hm |
08.05.24 | Mittwoch | Matera – Alberobello – Martina Franca | 103 km | 960 hm |
09.05.24 | Donnerstag | Martina Franca– Gallipoli | 104 km | 250 hm |
10.05.24 | Freitag | Gallipoli – Capo d'Otranto – Lecce | 110 km | 615 hm |
11.05.24 | Samstag | Bologna Abfahrt 11:52 | ||
1.239 km | 12.750 hm |
Route:
FINE