Hallo,

im Herbst kam ich auf die Idee mich beim 600er Brevet in Osterdorf anzumelden. Der Brevet fing bei mir schon ein paar Tage früher an: Gepäckträger montieren, was nimmt man mit an Klamotten und welchen Proviant? Nachdem geniales Radler-Wetter vorhergesagt war, packte ich meine Winter-Sachen (in der Nacht wird es durchaus frostig) wieder aus und begnügte mich mit einer zweiten Garnitur für den Fall, dass man komplett durchnässt wird. Wie immer schlief ich schlecht, wenn ich am nächsten Morgen einen wichtige Termin habe, diesmal die Bahnfahrt nach Treuchtlingen. So stand ich um 4:20 auf, machte mich fertig und startete ich am Samstag, den 08.06.2013 um 5:10 in Röttenbach. Es war schon hell und der Nebel hing noch über den Weihern.



Um 5:55 fuhr dann der Zug in Erlangen ab und ich schlummerte bis zur Ankunft in Treuchtlingen. Nun schnell hoch nach Osterdorf, anmelden, Marschtabelle einpacken, Wasserflaschen auffüllen und schon stand Karl auf der Leiter, diesmal sogar noch eine Stufe höher als sonst.


Gestartet wurde wieder in 30 Mann-Gruppen. Diesmal war jedoch nicht so ganz bekannt wer in Gruppe 1 ist und somit ist wahrscheinlich jeder losgefahren, der an einem Massenstart Interesse hatte. Schnell fand jeder seine richtiges Grüppchen. Beim Massenstart passiert das wesentlich leichter als bisher mit den Startblöcken (zumindest wenn man sich im letzten befindet). Bei herrlichen Sommerwetter und ganz leichten Nordost-Wind (das einzige Mal Gegenwind, wenn überhaupt. Danach drehte stets der Wind so dass er im Rücken blies smiley) ging es in Richtung Oberpfalz.



Nach den ersten Anstiegen bildete sich ein 12 köpfiges Gruppeto.


Auf der Abfahrt in die Tilly-Stadt  Breitenbrunn:


Die Gruppe zerfiel in einer Baustelle. Der erste fuhr in den Schotter, die anderen wie die Lemminge hinterher. Keiner hat bemerkt, dass 200 m weiter nördlich ein asphaltierter Flurbereinigungsweg existierte. Dieses Festhalten am Track ist eine typische Eigenschaft eines Randonneurs.


Im Laabertal wechselten wir Himmelsrichtung und hatten ab jetzt den Wind im Rücken.


Bemerkenswert ist der Jörg, der mit seinen Fixi (ohne Freilauf) uns einholte ....

.... und mit uns dann abhängte (zwar konnten wir ihn bergab immer wieder einholen, da er ja mittreten muss, doch irgendwann war er endgültig uns davon gezogen). Chapeau!


Irgendwann ist natürlich auch mal ein Boxenstopp notwendig


Immer leicht hüglig ging es durch Niederbayern ....


... bevor wir die 2. Kontrolle an der Isar erreichten .


Karl hat wieder herrliche kleine Strecken gefunden. Besonders schön war dieser Weg durch den Wald.





In der Ferne konnte man schon die Berge sehen:


Die Feuerwehr versperrte uns den Weg, weil sie mit Bulldogs ihr Festzelt so "halboffiziel" durch die Lande schaukelten. Originalton vom Anschiss des Feuerwehr-Kommandeurs: "Die Sperre gilt auch für Radler!!).


Weiter ging es auf einsamen Straßen gen Süden


und auf einmal waren groß und mächtig die Alpen am Horizont.  Einige Gipfel waren noch mit Schnee bedeckt.


Mein privates Ziel war es vor 20 Uhr in Prien am Chiemsee anzukommen.  "Dank" des Feuerwehreinsatzes schafften wir dieses Ziel knapp. Um 19:59:57 passierten wir das Ortsschild.

Prien stellt mit 300 km auch die Halbzeit dar, ab jetzt ging es zumindest gedanklich immer bergab. (Dabei muss man jedoch wissen, dass Karl die Brevets immer leicht länger routet. Laut Marschtabelle ist man erst nach 619 km im Ziel). Nach einer Stärkung in einer Döner-Bude ging es dann weiter Richtung Westen und verließen den Chiemsee.


Unser Blick richtete sich nun auf das Kaisergebirge.


Nun dämmerte es langsam ...


... und die Sonne schickte uns die letzten Strahlen über die Hügel des Voralpenlandes


Der Abend war noch angenehm warm und wir erreichten Bad Feilnbach. Über den Alpen zogen sich dunkle Wolken zusammen und Blitze zuckten.. Unsere Route führte uns nun zum Hundhamer Berg geradewegs direkt rein in die Gewitterwolken. Auf halben Anstieg fing es dann auch an zu regnen. Die Blitze kamen näher und wir suchten Unterschlupf bei einem Bauernhof. Auf der Lee-Seite des Hauses und vorgezogenen Dach war es halbwegs auszuhalten. Es schüttete mittlerweile betrachtlich. Wir rasteten und dösten rund 1 Stunde. Dann machten wir uns nun bei gemächlichen Regen weiter auf den Weg nach Bad Tölz. Zwar war es kurz vor Mitternacht, aber auf den Straßen war noch jede Menge Verkehr. War ich froh endlich die nächste Kontrolle kurz nach 1 Uhr zu erreichen. An der Tankstelle stärkten wir uns mit einer Gulasch-Suppe. In der Waschhalle standen lauter Feldbetten ungenutzt herum. Auch wir verschmähten diese Schlafgelegenheit und fuhren weiter.

Keine 20 km weiter geradelt, schlug dann die Müdigkeit meiner Weggefährten zu. Der eine bog gleich in eine unbekannte Richtung ab und mit den anderen legte ich mich in Bushäuschen. Doch keine 10 Minuten geruht, katapultierte mich die Kirchturm-Glocke aus den Schlaf. Nach der zweiten Wiederholung wurde es uns zuviel und wir fuhren weiter durch das Allgäu. Bestimmt eine wunderschöne Gegend, aber in einer Neumond-Nacht ist von der Landschaft absolut null zu sehen. Erst nach den Ammersee dämmerte es langsam und wir konnten die großen Satelliten-Schüsseln der Erdfunktstation sehen. Nun war es total still au den Straßen. Die schönste Zeit eines jeden Brevets. Leider besitze ich für die Nacht- und Morgenstunde keine geeignete Kamera, um die Stimmung jeweils einzufangen.

In Landsberg / Lech war die nächste Kontrollstation und ab da war die Streckenführung ziemlich flach (abgesehen von der kurzen aber steilen Schwabegg Rampe). Zudem wehte ein guter Rückenwind, der uns rasch vorankommen ließ. Frisch war eine schöne Kalkspur zu sehen. Wer da wohl jemanden sitzengelassen hat?


Kurz vor Donauwörth kamen wir doch noch die Auswirkungen vom Pfingsthochwasser zu sehen. Unsere Route war überschwemmt. Einige holten sich nasse Füße (und wasser in die Felgen), andere umfuhren dieses Teilstück (max 1 Extra-Kilometer)


Im Donautal bei Altisheim setzte Karl noch einmal ein Zeichen. War bisher der Mühlheimer Berg verflucht, so dürfte diese Rampe raus aus den Donautal noch einiges härter sein. Nach 575 km ein Berg mit gefühlten 17% zu fahren macht nicht wirklich Spaß. Doch positiv muss man anmerken, dass damit der Berg wesentlich kürzer ist. Den späteren Mühlheimer Berg empfand ich zumindest als nicht so anstrengend. Um meinen Ruf zu verteidigen, habe ich dann mich doch nicht ans Road-Book gehalten. Statt den 17%igen Berg nach Solnhofen (mit beschrankten Bahnübergang, wo dauernd ein Zug kommt), bin ich lieber ein paar Extra-Kilo- und Höhenmeter über Langenaltheim gefahren und genoß die gemächliche Abfahrt nach Pappenheim.

Um 13:11 Uhr kam ich dann in Osterdorf (eigentlich sollte der Ort Osterberg oder -haug heißen!) an und wurde von Heidi herzlich begrüßt. Nach einer kurzen Stärkung ging es weiter zum Bahnhof, wo mein Zug 45 Verspätung hatte. Die Warterei hatte nun etwas Entschleunigendes nach der ganzen Radlerei. Trotz der mehr oder weniger schlaflosen Nacht kam ich dann endlich bei meiner Familie halbwegs erholt an. Abends bin ich um 20 Uhr ins Bett geplumpst und habe selig geschlafen. Ein Glück, dass ich am nächsten Tag nicht auf Arbeit musste.

Ciao
Roland


Tourdaten bei Ankunft in Osterdorf. Bis daheim summierten sich 660 km auf. Mein Rald-Computer ist nach langstreckentauglich. So hat er nach 24 h Fahrzeit  bzw. 617 km einfach alle Daten zurückgesetzt.


Tourplan:

SGS Radsport

Sportgemeinschaft Siemens Erlangen Radsport